Artikel
Die Körpersprache des Hundes, Missverständnisse vorprogrammiert!
* 20211022 *
#Hund #Körpersprache
Artikel für die Vereinszeitung „Kölner Tierschutz NEWS“ [1]
Über Missverständnisse,
die Mensch und Hund haben können
von
Hakan Tepeler
Zielgruppe:
Jeder, der Hunde hat oder Hunden begegnen kann.
Kernbotschaft:
Es ist nicht immer so, wie es auf den ersten Blick den Anschein macht.
Der will nur spielen!
Kennen Sie das nicht auch? Versunken in Gedanken gehen Sie den Gehweg entlang und überlegen, was Sie noch einkaufen müssen. Sie haben noch eine Stunde Zeit, bis das Einkaufszentrum um die Ecke schließt. Sie setzen so schnell Sie können einen Schritt hinter den nächsten und dann passiert es! Ein quietschendes, nicht in die Umgebung passendes Geräusch schleudert Sie aus Ihren Gedanken. BÄHM! Plötzlich steht dieser riesige Hund vor Ihnen. Vorbeizugehen trauen Sie sich nicht, weil er so grimmig daher schaut mit seinen dunklen Augen. Sie können auf Anhieb nicht einschätzen, was er im Schilde führt. Eben noch im Geiste die Regale abgegangen, auf der Suche nach dem passenden Essen für heute Abend und jetzt steht Ihnen ein Monster auf vier Beinen gegenüber. Ebenso überrascht wie Sie. Ist er eine Bedrohung für mich? Ihre Nackenhaare stellen sich auf. Ihr Körper spannt sich immer weiter an. Drehe ich mich um und nehme einen anderen Weg? Ich habe es eilig! So ein Mist! Ob er mir in den Rücken fällt? Sie hören die Vögel nicht mehr. Von jetzt auf gleich ist alles still geworden. Die Luft angehalten merken Sie, dass Ihr Herz auf einmal beginnt immer schneller zu schlagen.
Tja, solche oder ähnliche Situationen können uns in unserem Alltag immer wieder begegnen und jedes Mal versuchen wir, die Situation „richtig“ einzuschätzen. Manchmal wissen wir nicht einmal, wie diese zustande gekommen ist, weil wir so in unserem Trott gefangen sind und unsere Umgebung ausblenden.
Und nun? Was tun?
Weglaufen oder stehen bleiben? Aber wohin? Rechts über den Zaun? Links übers Auto? Und falls er hinter mir herläuft, was dann? Ihr Gehirn, also konkret die Amygdala [2], Ihr emotionales Bewertungssystem zur Gefahrenerkennung, hat Ihren Beinen längst ein Signal gesendet
STOP
Selbstverständlich ohne Sie zu fragen. Wie angewurzelt stehen Sie nun da und fragen sich, wie es weiter geht.
Will der immer noch nur spielen?
Der Hund starrt Sie an. Die dunklen spitzen Ohren sind nach oben gerichtet und die Rute waagerecht. Seine Augenlider blinzeln nicht. Tatsächlich, der Hund hat Sie gestellt. Der will nicht mit mir spielen! Da fällt Ihnen auf, dass Sie mitten in einem fremden Vorgarten stehen. Aber wie bin ich hier gelandet? Dem Hund ist dies egal, er verteidigt sein Revier. Das ist seine Aufgabe. Da fällt Ihnen zum Glück dieser Artikel ein. Es ging um „Die Körpersprache des Hundes...“. Sie erinnern sich „Deeskalieren!“. Bei Bedrohung neigen viele Hunderassen dazu, Ihr Gegenüber starr anzuschauen. Körper angespannt. In Alarmbereitschaft. Kopf ganz ruhig.
Dieses Verhalten nennt sich „Fixieren“ [3] und ist ein „Imponier- und Drohverhalten“. Es soll sein Gegenüber abschrecken. Das hat erstaunlich gut funktioniert, denn Sie stehen immer noch da und wagen es nicht, sich zu rühren.
Hundetrainer Mike Hentschel [4] empfiehlt, „Oberkörper leicht nach hinten lehnen und vom Hund abwenden. Gehen Sie langsam, aber behutsam einen Schritt zurück. Es gibt Rassen, bei denen das besser funktioniert als bei anderen.“ Aus Erfahrung des Hundetrainers, ist dies in einer angespannten Situation nicht immer das schlechteste. Wenn es Ihr Gefühl zulässt, entfernen Sie sich entweder langsam immer weiter oder begeben sich auf Augenhöhe.
Anstarren wirkt bedrohlich. Nach vorne lehnen von oben herab wirkt bedrohlich. Schauen Sie am Hund vorbei, aber behalten Sie ihn peripher in Ihrem Sichtfeld. Aus Sicht des Hundes sind Sie in sein Revier eingedrungen und als Bedrohung eingestuft. „Gerade bei Hüte- bzw. Herdenschutzhunden ist dies ein instinktiver und automatischer Ablauf“, erläutert Hundetrainer Mike. Als Rudelführer arbeitet er mit vielen verschiedenen Hunderassen zusammen und kennt ihre Eigenarten [5]. Daher empfiehlt er, sich zunächst die Situation klarzumachen und nicht in Panik zu geraten. „Leichter gesagt als getan, ich weiß“, führt er lachend fort. Moment da passiert etwas. Der Hund schleicht sich an. Warum reagiert der Hund so? Will er mich jagen oder spielen? Er kommt Ihnen näher. Wie in Zeitlupe Millimeter für Millimeter. Langsam, aber beständig. Sie spüren, dass Ihr Herz gleich aus Ihrer Brust springt. Und wieder einen Millimeter näher. Augenhöhe! Vergiss es.
Die Körpersprache des Hundes kann situationsbedingt etwas anderes bedeuten, obwohl er äußerlich dieselben Anzeichen anzeigt.
Der Besitzer des Hundes hat die Situation in seinem Vorgarten zu Ihrem Glück gesehen und konnte seinen Malinois [6] Rüden Jacques mit einem durchdringenden auf französisch ausgesprochenen „Jacques, ici!“ (ausgesprochen „issi“) beruhigen und zurückrufen. Als kurzhaarige Variante des Belgischen Schäferhundes hört er aufs Wort und ist der perfekte Wachhund.
Huch! Was ist das denn da unter meinem Fuß? Ein quietschendes Hundespielzeug.
Sie haben offensichtlich sein Spielzeug übersehen und seine Körpersprache fehlinterpretiert. Dies führte zu einem Missverständnis.
Jacques wollte in der Tat nur mit Ihnen spielen!
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Quellen / Referenzen:
[1] Kölner Tierschutz
[2] Amygdala
[3] Körpersprache von Hunden
[4] Analoge Quelle: Hundetrainer Mike Hentschel, Hundeschule Clever Canis, Köln-Süd
[5] Hunderassen
[6] Malinois